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Barabara Biegel - Animationsfilme
Film
Blog Give-me-15

Auf meinem Blog Give-me-15, den ich am Jahresende 2012 begonnen habe, finden sich

1. Gedanken zum Leben
Ja, ich mag es etwas tiefer, was nicht heißt, dass es nichts zum Lachen gibt.

2. Fotos von vielem, was mir begegnet
Meinen Fotoapparat nenne ich "Auge".

3. Textschnipsel aus meinen Büchern
Sie drängen sich auf und wollen eine Extra-Behandlung.

4. Naturbeschreibungen
Mehr Natur und Draußensein ins Leben, ja!
Aktuelles

21.08.2019
Am 20. September ist Klima-Demo! Hingehen!

Ich habe einen Text geschrieben, weil man als Künstlerin in diesen Zeiten ebenso aufstehen muss wie die Fridays for Future-Leute. Natürlich gehe ich bei den Demos mit - und habe ein schönes Schild dabei! Ihr findet es auf meinem Blogeintrag vom 21.08.2019. Den Text könnt ihr lesen, wenn ihr hier auf die Überschrift klickt...



freitags

„Sie sagen, sie wären vernünftig geworden.“ Das Mädchen war eben eingetroffen, seine Turnschuhe hatten sich einen flachen Platz zwischen den vielen Wurzeln gesucht und in seinen ernsten Augen stand Hoffnung. „Und das heißt?“ Die Bäume ringsum ragten groß und dunkel auf, durch die Kronen der Buchen im weiteren Umkreis fielen Strahlen aus Licht ein. Das Mädchen sagte: „Sie geloben, alles zu tun, was in ihrer Macht steht.“ „Was in ihrer Macht steht? Nun, das wäre Einiges und war es schon immer und noch nie haben sie danach gehandelt. Was haben sie denn angekündigt? Irgendetwas Greifbares?“ Das Mädchen zog einen Zettel aus der Hosentasche, entfaltete ihn und las: „Wir werden weniger Autofahren und weniger Fleisch essen.“ Ein feiner Windstoß bewegte die Gräser und Brombeerranken am Boden, ein Vogel schrie. „So.“ Das Mädchen ließ nachdenklich einen seiner Zöpfe durch die Hand gleiten. Dann sagte es: „Wir haben uns beraten und beschlossen, ihnen zu vertrauen.“ In den folgenden Minuten dehnte sich die Zeit ins Unermessliche, begleitet wie von einem tiefen Ein- und Ausatmen. Schließlich war erneut die Stimme zu hören: „Gut. Es wird Aufschub geben.“ Dem Kind war die Erleichterung anzusehen. Einer der wenigen, noch lebenden Schachbrettfalter kam aus dem Nirgendwo und umflatterte seine Füße. Es verneigte sich achtsam zum Abschied und war bereits einige Schritte gegangen, um die Botschaft mit Anderen zu teilen, als plötzlich eine Frage im Raum schwebte: „Sag uns noch, wie kam es dazu? Was ist geschehen, dass sie sich erkannten? Dass ihnen ihr Anteil und ihre Nachlässigkeiten bewusst wurden?“ Das Mädchen blieb stehen und wandte den Kopf. „Durch ein Gedicht“, sagte es. „Wir haben ihnen ein Gedicht vorgetragen. Wir haben es auf alle Häuserwände geschrieben und es fuhr auf Zügen durch die Nacht ins ganze Land. Es wurde in Zeitungen veröffentlicht, durch Lautsprecher verkündet und im Internet verbreitet. Sie konnten ihm nicht entgehen.“ In dem Schweigen, das eintrat, schien das Gesagte in Moose und Rinden einzudringen und alle Zwischenräume aufzufüllen. Dann fragte die Stimme tief und wie mit dem Glucksen von Wasser in den Silben. „Was sind das für Worte, die heute noch ihre Kraft bewahrt haben? Wurde nicht längst alles zerredet, wurde nicht alle Wahrheit mit Füßen getreten und sämtliche guten Absichten gegen den Sinn verdreht? Sage uns dieses Gedicht auf.“ Das Mädchen kam zurück, nahm eine ebenso aufrechte Haltung ein wie die gerade gewachsenen Stämme der Douglasien in seinem Rücken, und begann.

„Noch bist du da

Wirf deine/Angst in die Luft/Bald/ist deine Zeit um/bald/wächst der Himmel/unter dem Gras/ fallen deine Träume/ins Nirgends/Noch duftet die Nelke/singt die Drossel/ noch darfst du lieben/Worte verschenken/noch bist du da

Sei was du bist/Gib was du hast“

Nach einem Moment der Stille wiegten sich die Bäume, als hätten die Worte auch sie berührt. Ein Zapfen fiel dem Mädchen vor die Füße wie ein Geschenk. Es bückte sich und hob ihn auf. „Danke!“, rief es in den Wald, „das ist ein Gedicht von Rose Ausländer!“, worauf ein langgezogenes Knarzen hörbar wurde. Das Mädchen winkte mit dem Zapfen, als hätten die Worte des Gedichts sie selbst von Neuem entflammt, und fügte lebhaft hinzu: „Kennt ihr das Buch, in dem die Bäume sich aufmachen und aus dem Wald kommen, um für die Welt einzustehen? Um das ihre beizutragen? Ohne die die Geschichte nicht gut ausgegangen wäre und das Dunkle den Sieg davongetragen hätte?“ Nadeln und Blätter rauschten. „Ihr wisst Bescheid!“, rief das Mädchen. „Die Demo ist am 20. September, wie immer an einem Freitag, weltweit! Wenn die Erwachsenen halten, was sie versprochen haben, und wenn ihr mithelft, dann kann es noch gelingen, die Erde zu retten. Denkt dran!“


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